Da waren sie wieder. Worte, die ich mir oft wünsche, doch welche ich gleichzeitig so sehr fürchte. Was sie auslösen, ist kaum mit anderen ihresgleichen zu beschreiben. Denn die Spannung, die dadurch entsteht, zieht in mehrere Richtungen – zur Freude und zur Furcht gleichermaßen. Ich behaupte jetzt einfach, dass es vielen Menschen eher fremd ist, mehrere Gefühle zur selben Zeit spüren zu können. Doch es geht. Und die Steigerung davon sind völlig gegensätzliche Gefühle. Freude und Furcht. Hass und Liebe. Windstille und tobender Sturm. Alle nebeneinander, alle gegeneinander, alle versammelt auf engstem Raum.

Normalerweise ist bei solch einem Aufprall unterschiedlichster Elemente eine Explosion zu erwarten, in etwa wie bei dem Versuch, brennendes Öl mit Wasser zu löschen. Heute war es etwas anders. Die Gefahr war durchaus spürbar, das Öl siedend heiß ganz kurz vor dem Entflammen, bereits am Brodeln. Und dieses Brodeln ist stets der Punkt gewesen, den ich in aller Regelmäßigkeit geflissentlich ignoriert habe, bis letztlich das Unvermeidliche geschehen musste und das Chaos seinen Lauf nehmen konnte. Doch endlich war es ein mal anders. Ich saß da, innerlich zitternd, nervös, im Fluchtmodus verharrend und abwartend, dass der Sturm vorbeiziehen würde, ohne alles notdürftig Reparierte wieder mit sich zu reißen. War es mir anzumerken? Das vermag ich nicht zu beurteilen, ich denke schon.

Was war der Auslöser für diese Situation? Plötzliche Nähe, auf die ich mich hätte vorbereiten können, denn ganz so unvermittelt tauchte sie doch nicht auf. Dennoch verursacht die reine Vorstellung allein davon bereits Ungehagen, ein Unwohlsein im Brustkorb, eine Beklemmung. Eine ganze Zeit lang hatte ich nicht mehr darüber nachgedacht, es ignoriert oder mich dieser Konfrontation gestellt. Im Moment geht das einfach nicht so wirklich. Zu lange und zu oft habe ich meine eigenen Grenzen überschritten, weil ich sie schlichtweg nicht kannte – oder eben verleugnete. Ja, ich habe quasi mich selbst häufig verleugnet, meine eigenen Bedürfnisse nicht ernst genommen oder sie zurückgestellt. Mit dem Resultat, dass ich heute nicht mehr weiß, welche ich überhaupt habe. Von den Grundbedürfnissen nach Essen, Trinken und Schlafen ein mal abgesehen, weiß ich fast gar nichts mehr.

Sicherlich habe ich gerne die Menschen um mich, die mir etwas bedeuten und von denen ich denke, dass ich ihnen irgendwie wichtig bin. Aktuell fällt es mir nur wahnsinnig schwer, überhaupt jemanden um mich herum zu haben – so sehr ich denjenigen oder diejenige auch mag. Mehr als ein paar Stunden überfordern mich einfach zu sehr. Nirgendwo fühle ich mich sicher, nirgendwo ist mehr ein sicherer Ort, der mir Halt gibt. Zu Hause, natürlich. Denn hier bin ich alleine und kann ganz für mich sein. Andernorts vermag ich mich selbst nicht mehr zu schützen. Ganz gleich, wie stark die Verbindung zu jemandem ist. Am ehesten ist dies allerdings gerade bei denjenigen Menschen der Fall, zu denen ich die größte emotionale Nähe habe. Ihr merkt das. An der Stille. Dem Rückzug. Der Distanz, welche ich gerade sehr bewusst suche. Denn nur so ist ein gewisser Schutz möglich; nur so ist es möglich, den Abstand zu gewinnen, von dem ich mir erhoffe, dass er etwas mehr Stabilität in mein Ich bringt, welches sich wie ein Grashalm im Wind bei jedem kleinsten Hauch beugt.

Innere Leere – Windstille – bringt gerade einen der besten seelischen Zustände, den es seit Monaten gab. Nämlich Ruhe und Taubheit.

Also harren wir der Dinge, die da kommen mögen.
Auf bald.