Jedenfalls muss ich mir das vorsagen. Wenn mich früh morgens bereits die innere Unruhe überkommt, obwohl überhaupt nichts vorgefallen ist, muss ich meine Logik und meinen Verstand auf den Plan rufen, um dieses schier zitternde, bebende Gefühl der Eingeweide unter Kontrolle zu bekommen. Diese Unruhe lässt sich nur schwer beschreiben. Am ehesten vielleicht mit der Situation, wenn man eine wirklich schlechte Nachricht erhält über einen Menschen, der einem sehr nahe steht. Krampfartig ziehen sich alle Eingeweide zusammen, im Kopf rotiert es unaufhörlich, nichts lässt sich gedanklich mehr sortieren.

Es war ein sehr ruhiges, gelassenes Wochenende – nur mit meinen Katzen und mir. Sehr oft nutze ich solch freie Zeit dafür, um nicht nur in meiner Wohnung, sondern um auch an mir selbst zu arbeiten. Spätestens dann, wenn ich selbst merke, ich haue Sprüche raus wie »Ich bin nicht stur. Ich bin konsequent.« weiß ich, ich muss etwas ändern; wenn auch nur für den Moment. Unter Umständen bedeutet das das bewusste Vermeiden sozialer Medien, das Unterlassen freundschaftlicher Kommunikation soweit wie möglich; vor allen Dingen jedoch: Ordnung schaffen. In der Wohnung, was gleichzeitig Aufräumen im Kopf bedeutet. Das mag etwas verquer klingen, dennoch ist es in solch emotionalen Schieflagen sehr hilfreich. Ordnung im Kopf verschafft zugleich Distanz zu den Dingen, welche einen mental zu überfordern drohen. Denn: Erfasst einen die Welle aus Druck, Angst und Hysterie erst ein mal, kommt man so schnell nicht mehr aus ihr heraus. Man wird bei Windstärke 10 auf offenes Meer gezogen, durchgeschüttelt, runtergezogen, umher geschleudert und ganz zum Schluss völlig orientierungslos wieder ausgespuckt. Ich nenne das gerne auch mal Schleudergang.

So ziehe ich mich relativ oft zurück in meine eigenen vier Wände. Von meinen wenigen sozialen Kontakten in dieser Stadt, in der ich nur wohne und arbeite, ein mal abgesehen, mag das für Außenstehende doch eher einsiedlerisch erscheinen – für mich ist das mehr eine Notwendigkeit. Manchmal Sage ich gerne von mir selbst, ich habe eine soziale Kompetenz wie eine Bockwurst. Also sehr wenig; jedenfalls in einigen Bereichen, sobald sie mich selbst betreffen der in denen ich Parallelen zu meinen Fragestellungen sehe.

Ich weiß, dass ich nicht einfach bin. Noch vor einiger Zeit habe ich das Gegenteil behauptet. Das stimmt jedoch insofern nicht, als dass ich mir darüber bewusst geworden bin, wie schrecklich kompliziert – manche sagen sogar furchtbar – und anstrengend furchtbar ich werden kann, wenn ich Probleme anderer viel zu nah an mich heran lasse und mich sozusagen selbst damit identifiziere. Natürlich heißt das nicht, dass man mir gar nichts erzählen darf. Es bedeutet lediglich, dass ich immer achtsam mit mir selbst sein muss. Bis zu welchem Punkt kann ich mich anderen annehmen? Und ab wann muss ich die Reissleine ziehen, um nicht tiefer als mein Gegenüber zu fallen? Hier kommt erneut der Begriff “Nähe-Distanz-Regulierung” ins Spiel. Ich kann das immer noch nicht so richtig. Entweder hört uns sieht man wochen- oder gar monatelang gar nichts von mir, oder aber plötzlich bin ich mit aller Wucht da, präsent, vereinnahmend, verlangend, fordernd. Es ist ein Leben in Extremen, emotional. Wenn man sich das erst bewusst macht, kann man auch etwas tun, damit es nicht ganz so vertrackt ist. Ein langer Weg, auf dem mir selbst oft genug die Geduld für mich selbst ausgeht. Doch es wird.

Und im Moment … Ist alles gut. Markieren, sortieren, archivieren, ignorieren, trainieren …

Bis bald mal wieder.